Artist Statement

Als Konzeptkünstler hinterfrage ich Routinen, die uns auf ganz unterschiedliche Weise in unserem Alltag begegnen. Sicherlich, Routinen können ihre Berechtigung und ihren Nutzen haben. Sie können zum Beispiel helfen, unser tägliches Leben zu struktrieren und ein Gefühl der Verortung geben. Allerdings benötigt künstlerische und ebenso gesellschaftliche Neuheit immer wieder ein Aufbrechen von Routinen. Indem ich Dinge aus ihren gewohnten Kontexten herausnehme, stelle ich habitualisierte Sichtweisen in Frage und öffne dadurch neue Räume.

Neben der Funktion von Raum als physischer Ort, ist der Begriff gleichsam als Raum zum Denken, Reflektieren und Infragestellen zu verstehen. Es geht in meinen Arbeiten um die Erkundung des Raums in diesem umfassenden Verständnis – mit all seinen Zwischenräumen, seinen Brüchen, seiner Entstehung und seinem Verschwinden. Diese Vielschichtigkeit ist ein Kennzeichen meiner künstlerischen Arbeit. Dabei betrachte ich Übergänge genauso wie das Transformative an sich und widme mich dem Formlosen, dem Formgebenden als auch der Form selbst.

Meine Kunstwerke betrachte ich als eine Verdichtung ästhetischen Raums, die als Projektionsflächen zur eigenen Positionsbestimmung dienen. Gleich einem Paradoxon geht hierbei der Prozess der Verdichtung mit dem Geben von Raum einher. So, wie Stille die Voraussetzung für das Hören eines Tons ist, so ist dieses Raumgeben eine weitere Voraussetzung für die Entstehung und Erfahrung des Neuen. Nur wenn es freien Raum gibt, können darin Dinge entstehen. Meine Aufgabe als Künstler ist es, diesen Raum zu kreieren und in einer Form ästhetisch auszudrücken.

Es ist wichtig, zu verstehen, dass es nicht der Künstler ist, der die Kunst erschafft. Die Kunst kommt einem universellen Prinzip gleich und ist seit Jahrtausenden Bestandteil der Menschheitsgeschichte. Es ist die Resonanz der Betrachter, die aus einer Arbeit letztlich ein Kunstwerk macht. Ich mag es daher, mit der Position des Künstlers und der Beziehung zum Betracher zu spielen und die Barriere zwischen diesen Akteuren verschwimmen zu lassen. Das ist ein Grund, warum ich gerne mit Installationen arbeite, in der sich der Betrachter aktiv einbringen kann. Wie beispielsweise bei meiner Installation CONSTRUCTION | DECONSTRUCTION (2017), bei der Ausstellungsbesucher durch das Platzieren weißer Kartons im Raum meiner Installation immer wieder eine neue Form verleihen konnten.

Meine künstlerische Arbeit ist ein Plädoyer für die kreative Potenzialität der menschlichen Existenz. Die Fragen, die sich viele stellen, lauten: Wie gehen wir mit unserer Kreativität um? Was können wir mit unseren Potenzialen anfangen? Die Werke, die ich erstelle, empfinde ich als eine Möglichkeit der Kultivierung kreativen Potenzials – nicht nur für mich als Künstler, sondern ebenso für den Betrachter. Dem Betrachter bietet sich die Gelegenheit, meine künstlerische Arbeit nachzuvollziehen und durch seine eigene Interpretation und Vorstellungskraft zu erweitern. Mein Verständnis von Kultivierung baut dabei insbesondere auf einem Erlauben auf. Bildlich gesprochen geht es darum, eine Tür gar nicht erst zu verschließen, anstatt zu üben, wie man eine verschlossene Tür möglichst schnell aufbekommt. Mein Fokus liegt folglich auf dem, was unsere kreativen Fähigkeiten stört, anstatt ausschließlich die Verbesserung einzelner kreativer Eigenschaften zu trainieren. Es ist dieses Gefühl des Zulassens, welches zu einer kreativen Offenheit anregt, was sich wiederum in der Vielfalt der von mir verwendeten Materialien widerspiegelt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass ich – wie jeder Künstler – von meiner Umwelt beeinflusst werde und vice versa. Daher reflektiere ich mit meiner konzeptionellen Arbeit Themen, die zwischen gesellschaftlicher und individueller Ebene changieren. Meine künstlerische Auseinandersetzung findet dabei stets innerhalb der Amplitude von Denken und Wahrnehmen statt.

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